Die Insel Kinmen, auf den Spuren der Geschichte

Eine Reise über die Insel Kinmen (Quemoy) ist wie ein Blick in Taiwans Geschichtsbuch. Hier, wo die Volksrepublik China nur einen Katzensprung entfernt ist, wird einem als Besucher die Historie und der Kampf um die Insel Taiwan mit jedem Schritt bewusst.

Blick in die Vergangenheit

An keinem Ort Taiwans wurde so lange um die Grenze zwischen den Territorien der Volksrepublik China und Taiwan gerungen, wie hier auf Kinmen (phonetisch Jinmen). Chiang Kai Shek und die nationalistische Kuomintang hatten sich im Jahr 1949 auf die nur 6 km vom Festland entfernte Insel zurückgezogen und verlegten die Provinzregierung von Fujian nach Kinmen. Kinmen wurde uner Militärkontrolle gestellt. Nur kurze Zeit später, im Oktober 1949 versuchten Maos Truppen die Region zurückzuerobern. In der Schlacht von Guningtou konnte dieser Versuch abgewehrt werden. Im Guningtou Battle Museum könnt ihr euch über die für Taiwan bedeutsame Schlacht informieren. Wie bedeutend Kinmen, bzw. Jinmens  Lage ist, lässt sich auch aus dem Namen ablesen, denn übersetzt bedeutet er “Goldenes Tor”.

Bis Ende der 70er Jahre wurde von Seiten der Verantwortlichen in Peking immer wieder der Versuch unternommen, die Insel durch Bombardements auf Kinmen einzunehmen. Während auf dem Festland das Kriegsrecht 1987 endete, blieb Kinmen bis 1992 unter militärischer Kontrolle. Deshalb kennen einige Taiwaner gar nicht Kinmen und andersrum haben einige Bewohner noch nie taiwanesisches Festland betreten, weil lange Zeit ein striktes Reiseverbot bestand. Die Insel ist auch heute noch militärisches Gebiet und Warnzeichen an einigen Buchten vor dem Betreten des Geländes sind ernst zu nehmen.

Mehr zu der Geschichte Taiwans findest du hier.

Kinmen heute

Während in Taipei die kritische Position der Taiwaner gegenüber der Volksrepublik China allgegenwärtig ist, haben wir als Besucher hier – mehr als 300 Flugkilometer von Taipei entfernt- eine andere Stimmung wahrgenommen. Zwar wurde die ursprüngliche Idee aus dem Jahr 2008, eine Brücke zwischen Kinmen und Fujian zu errichten, auf Eis gelegt, aber auf der Internetseite der Lokalverwaltung wird auf die gemeinsame historische und kulturelle Basis hingewiesen und für den Ausbau der Beziehungen zwischen Kinmen und der Volksrepublik aus wirtschaftlichen Gründen geworben. Kinmen scheint nur darauf zu warten, dass aus Taipei andere Signale gesendet werden. 

Und auch wenn die Besucherströme derzeit unterbrochen sind, das Frischwasser aus Fujian fließt nach wie vor nach Kinmen.

Was kann ich auf der Insel entdecken?

Auf der Hauptinsel, die rund 150 Quadratkilometer groß ist, und auf der kleineren Nachbarinsel Lieyu warten die Relikte aus der Vergangenheit auf euren Besuch. Das reicht von dem historischen Dorf, Shanhou Folk Cultural Village mit seinen 18 Häusern, die das Design der Fujian Zeit widerspiegeln bis hin zu den steinernen Exponaten der Inselverteidigung.

Beishan Broadcast Wall, ist ein solches Überbleibsel aus den 60er und 70er Jahren des vorherigen Jahrhunderts, als Propagandagesänge und die liebliche Stimme der populären taiwanesischen Sängerin Teresa Teng die Bewohner der gegenüberliegenden Provinz Fujian beschallten.  Heute ist aus den damaligen Bauerndörfern von Fujian die Stadt Xiamen in der Volksrepublik China geworden, deren Skyline unglaublich nah ist. Das “Radio” sendet tgl. von 9-9.45 Uhr, 10.30-11 Uhr, 13-13.30 Uhr, 14-14.30 Uhr, 15-15.45 Uhr und 16 -16.30 Uhr.

Um die einzigartige Vogelwelt von Kinmen, die geologischen Besonderheiten und die Stätten der Militärgeschichte zu schützen, wurden weite Teile der Insel zum 9. Nationalpark von Taiwan erklärt.

Zhaishan Tunnel, südlich von Jincheng Township, an der Küste gelegen, wurde 1961 gebaut, um in dem U-förmigen Kanal bis zu 42 Boote vor den feindlichen Angriffen verstecken zu können. Wenn ihr heute den Tunnelbau betretet, begrüßt euch klassische Musik. Und einmal im Jahr* wird die unterirdische Akustik für klassische Konzerte genutzt, bei denen die Musiker auf einer Gondel über das Wasser gleiten.

An den Küstenstreifen von Lieyu, wie hier im Hujintou Battle Freilichtmuseum (Eintritt frei), seht ihr überall diese nachgestellten Szenen aus den Kriegszeiten.

Weitere Tipps und Sehenswürdigkeiten findet ihr auf der Webseite des lokalen Tourismusbüros.

Anreise

Vom taiwanischen Festland aus fliegt ihr nach Kinmen. Flugverbindungen gibt es täglich von Taipei, Taichung, Chiayi, Tainan und Kaohsiung. Die Verbindung zwischen Penghu und Kinmen ist zur Zeit unterbrochen.
Aufgrund der Wetterbedingungen in Taiwan kann es – wie auch bei den Verbindungen zu den anderen Inseln- zu Flugverspätungen oder -ausfällen kommen.

Alle wichtigen Fluginformationen findet ihr auf der Webseite des Flughafen Kinmen.

Aufgrund der Pandemie sind die direkten Fährverbindungen zwischen Kinmen und der Volksrepublik China eingestellt. Vor dem Einreisestop fuhren die Boote im Halbstundentakt.

Womit kann ich die Insel erkunden?

Wir haben uns vor Ort einen Roller gemietet (400 NTD/Tag) und an zwei Tagen die Hauptinsel und Lieyu erkundet. Mit einem taiwanesischen Führerschein und einem Sprachmix von Chinesisch und Englisch war die Anmietung problemlos möglich. Ob das auch mit einem internationalen Führerschein so funktionieren würde, kann ich euch leider nicht sagen. Aber wenn ihr eure Internetrecherche mit “rent scooter kinmen” startet, gibt es Anbieter, die die Anmietung für euch übernehmen. Unterwegs mit dem Scooter ist eindeutig die coolste Fortbewegung für die Insel. Ihr könnt ihn auch mit auf die Fähre zwischen Kinmen und Lieyu mitnehmen.

Es fahren auch öffentliche Busse über die Insel. Und zwischen Kinmen und Lieyu verkehren alle 30 Min. öffentliche Fähren. Der Hafen auf Kinmen liegt am Shui Tou Port, der Anlegehafen auf Lieyu heißt Jiu Gong.

Wo kann ich auf Kinmen übernachten?

Auf Kinmen gibt es mehrere große Hotels und kleine Bed&Breakfast -Unterkünfte. Ihr findet eine Auswahl der Übernachtungsmöglichkeiten in den Online-Hotelportalen oder hier auf der Webseite des lokalen Tourismusbüros.

Kulinarisches auf der Insel

Die lokale Küche zaubert einige Besonderheiten auf den Tisch. Vom getrockneten Austernreis, Wattwürmer, die frittiert werden (die Fischer könnt ihr bei Ebbe im Watt beobachten, wie sie in Reihen durch das Wasser ziehen) bis zu den Erdnussbonbons. Kinmen hat eine Menge zu bieten, was ihr in Taipei nicht finden werdet.

Wir waren nicht ganz so mutig bei unserer Essensauswahl und haben statt dessen die wunderbaren Beef-Nudel-Suppen , Nudeln und gegrilltes Fleisch und Fisch probiert.

Typisches von der Insel

Wenn ihr gerne Souvenirs einkauft, dann seid ihr auf Kinmen gerade richtig. Hier könnt ihr Messer aus den Resten der Artelleriegeschossen kaufen, Porzellan und Keramik, Salben gegen Muskelschmerzen und natürlich den aus Sorgumhirse hergestellten Kao-liang Schnaps mit 58% Alkohol.

• im Moment ist die Konzertreihe pandemiebedingt ausgesetzt.

Zugabe

https://www.daserste.de/information/politik-weltgeschehen/weltspiegel/videos/taiwan-kinmen-video-100.html

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