“Von wegen Radlos. Taiwan ist das Fahrradland!”

Und nicht nur, weil einer der Weltmarktführer für Zweiräder seinen Firmensitz in Taiwan hat; Rad fahren ist eine der Leidenschaften der Taiwaner, wenn es um Sport geht.

Da geht es auch mal eben morgens um 6 Uhr zum Frühsport auf den nahe gelegenen Berg und die Serpentinen unerschrocken wieder hinunter und man selbst fragt sich beim schnaufenden Hinaufwandern, ob in dieser Spinatdose (du kennst Popeye, oder?) noch etwas für einen selbst übrig geblieben ist.

Aber auch wenn du eher den gemäßigten Stil magst, bietet Taiwan abwechslungsreiche Radwege an den Flüssen und Küsten. So kannst du einmal um die Insel radeln und legst dabei knapp 1.000 km zurück.

Rad fahren in Taipei

In Taipei findest du sehr gut ausgebaute Radweg an den Flussufern vom Keelung-, Xindian oder Tamsuiriver. Die Strecken sind flach und untereinander kombinierbar.

Hier sind einige Tourenvorschläge für deine Fahrt in Taiwans Hauptstadt.

Viel Platz zum Radeln

Und solltest du kein eigenes Fahrrad haben, kannst du dir überall ein Mountainbike leihen oder mit dem „Youbike (Ubike)-System” deinen Drahtesel an jeder U-Bahnstation in Taipei und 6 weiteren Städten mieten.

Wie kann ich ein Youbike mieten? https://taipei.youbike.com.tw/home/

Die Tipps von Experten

Ich bin Radfahrerin – im Flachland! So lange es nur geradeaus und nur leicht bergauf geht, bin ich noch dabei. Danach steige ich von meinem City-Rad ab und wähle ein anderes Fortbewegungsmittel. Deshalb habe ich für diesen Beitrag passionierte Radfahrer nach ihren Tipps gefragt.

Dr. Thomas Prinz , ehemaliger Generaldirektor des Deutschen Instituts Taipei kennt die Wege rund um Taipei ausgesprochen gut und hier sind seine Tipps für einigen Touren, die in Taipei starten:

“Zum Beispiel kann man von Nangang bis zum Zoo 55 km ausschließlich auf Fahrradwegen ohne Kreuzungen mit Autoverkehr fahren. Und von Shihlin bis Tamsui über Bali (Bali-Tamsui Fähre nutzen) 30 km entlang radeln, mit nur wenigen Straßenabschnitten dazwischen.”

Ein lohnenswertes Ziel: der Sonnenuntergang in Tamsui


“Wer gerne ein paar Steigungen dabei hat, kann entweder nördlich oder östlich in die Berge fahren. Die nördlichen Strecken im Yangmingshan sind aber oft stark befahren von Autos (Ausnahme ist die weiter östlich gelegene Straße zum Fengguizui Lookout (da gibt es auch schöne Cafés).

Anders im Osten: da ist nie etwas los. Die Straßen sind toll, guter Belag, die Ausblicke sind spektakulär. Das gilt für die komplette Hügelkette zwischen Nangang und Juifen. Ansteuern kann man z.B. das Luku Incident Memorial. Von dort kommt man durch die Berge nach Pingxi, Shifen oder weiter auf den Wufenshan (Wetterstation, die wie ein Golfball aussieht).

Auch südlich der Straße 106 z.B. in Richtung Pinglin sind die Berge mit tollen Straßen durchzogen (aber das ist von Taipei noch mal ein Stück weiter und man muss ja wieder über die Berge zurück)”.

Oder um einen großen Teil von Taipei-City herum

Und das ist das Tourenprofil für die Strecke von Taipei-Nangang zum Wufenshan:

@Komoot-Profil von Thomas Prinz – genehmigte Quelle

Mein nächster Interviewpartner ist Stefan Liedl.

Stefan in der Taroko Schlucht
Stefan in der Taroko Schlucht

Stefan, meine erste Frage ist ganz allgemeiner Art. Seit wann lebst du in Taiwan?

Stefan: Ich bin hier auf der Insel am 05. Oktober 2010 angekommen.

Bist du schon vor deinem Ankommen in Taiwan leidenschaftlicher Radfahrer gewesen oder ist dein Hobby erst hier entstanden?

Stefan: Nachdem ich vom Alpenrand in
Bayern komme, bin ich schon
immer gerne Fahrrad gefahren
aber nachdem es hier soviel mehr
Vielfältiger ist, bin ich noch mehr
auf den Geschmack gekommen.
Berge, Flüsse, Wälder und den
Ozean zur gleichen Zeit zu haben
ist schon etwas Besonderes.

Wie sieht deine Ausrüstung aus, wenn du in den Bergen unterwegs bist?

Stefan: Ich fahre ein Rennrad das ich von
einem deutschen Freund der ein
Profi -Rennradfahrer ist und hier in
Taiwan gelebt hat, erworben habe. Die
erste Devise beim
Rennradfahren ist “as light as
possible!” Ich bring’ nicht mal ein
Schloss mit, geschweige denn ein
Reparaturset. 2 Trinkflaschen
und eine leichte Regenjacke!!

Gibt es ein Ritual, das du in deine Touren eingebaut hast?

Stefan: Kopf runter und Vollgas!!! Ich sehe das als einen Hochleistungssport und nicht zum relaxen. Die Augen brennen vom Schweiß. Der kommt brummt, manchmal vom dehydrieren. Kannst Dir vorstellen wie die Beine brennen wenn der Kopf mal pocht!! 😒😉

Welche Strecke fährst du am Liebsten? Was beeindruckt dich daran?

Stefan: Am Liebsten bin ich eigentlich im Taroko Nationalpark unterwegs. Ist einfach genial dort wenn man durch die Schluchten fährt. Kurze Climbing-Passagen, dann gehts wieder bergabwärts- einfach toll diese abwechslungsreichen Möglichkeiten die man zur Verfügung hat.
Es ist auch immer etwas kühler (vor allem im Sommer, wenn überall die Sonne runter brennt). Aber durch die Berge, die einen umzingeln, hat man immer etwas Schatten und der Fluss an dem man entlang fährt gibt auch etwas Erfrischendes ab.
Die Sonnenstrahlen kommen über die Felswände herab und machen die Fahrt noch schöner. Wenn man wieder retour fährt Richtung Hualien, noch einen Abstecher am Meer und alles ist perfekt!

Die wunderschöne Ostküste Taiwans

Wieviel Kilometer nimmst du dir so an einem Tag vor?

Stefan: Das kann man so spontan nicht sagen da das immer darauf ankommt wo man fährt. Ob in den Bergen oder im Flachen.

Wie planst du deine Strecken?

Stefan: Das ist das Gute hier. Ich plane kaum. Ich fahre immer auf eigene Faust los und erkunde die Strecke. Die Fahrrad- Szene ist hier super entspannt und man gibt sich untereinander Tipps, wo es schön ist und wo weniger. Wo man trainiert sein sollte und was bei den meisten geht. Manchmal bin ich schon mit dem Auto dort gewesen und dachte mir, „Top, da muss ich mit dem Rad mal her.”

Falls du wissen möchtest, was Stefan hier in Taiwan macht, wenn er nicht Fahrrad fährt, dann folge diesem Link zu seinem Restaurant.

Kennst du “King of the Mountain (KOM)” in Taiwan?

“Du gehst nach Taiwan? Da findet doch eines der schwierigsten Rennen der Welt statt”. Das fiel unserem Nachbar als Erstes ein als er von unserem Umzug hörte.
Ja, in der Tat! 105 Kilometer überwiegend bergauf um auf 3.275 km anzukommen.

Da ich gerne wissen wollte, wie sich das anfühlt, diese Strecke zu fahren, war ich auf der Suche nach jemanden, der diese Strecke wirklich mit dem Fahrrad geschafft hat. Und mit Kin Wha Chay habe ich einen Interviewpartner gefunden, der dir jetzt schildert, wie sein Erlebnis auf dieser Route war.

Straße hinauf zum Hehuanshan@Allan Lau auf Pixabay
How long have you been here in Taiwan?I have been in Taiwan for close to 5 years.
When did you get the idea to ride the “King of the Mountain (KOM)” circuit?Since coming to Taiwan, I have taken up cycling for leisure and for short distance commute e.g. shopping for groceries, etc. In early 2021, a German friend who has lived in Taipei for many years introduced me to a cycling group which regularly participates in cycling events of all kinds including charity and adventure rides, races and weekly or daily rides along interesting and scenic routes mainly in northern Taiwan. In a charity ride event which I joined in April this year, some of the members started to plan for the Road to KOM – Summer 2021. That was when I was persuaded to join the race together with the group.
What does it take to prepare this bike course?

Being a novice cyclist, I have no clue what preparations were needed. I thought I just needed to be able to cycle over a distance of 100 km and climb slopes of varying steepness to an elevation of 3275m above sea level. The truth is, preparation and detailed planning are needed. These include when and where to have rest stops, how long to rest at each stop, what nutrition is necessary before and during the race, how much water and salt to be replenished, what average speed, power output or heart rate one has to maintain at the different sections of the mountain in order to pace comfortably, etc. I have only thought about stopping to refill my water bottles, bringing enough energy gels and eating sufficiently at some of the rest stops. All other considerations were naively ignored.
What did you feel during the course? Are there any special emotions?
I felt super excited at the starting line but at the same time was also anxious, wondering if I could even complete the course. As this was my very first time attempting the KOM, my target was only to complete it. There were all sorts of emotions during the course ranging from excitement and anxiousness at the beginning, anger and regrets in the middle as I wondered why I did it, to a sense of accomplishment and relief as I crossed the finish line at the end.
Did you have to cope with a difficult situation during the bike course?
Yes, as you can tell from the different feelings during the course. I started off quite well in the beginning and I could manage to keep a somewhat close distance to my friends. However, after climbing to about 2000m, I started to have severe cramps on both my legs. From then on, it was just pain and suffering. At the last rest stop (Dayuling) before the final steep climb over the last 10km, I had wanted to give up. But I thought to myself and remembered that my son had told me to try to at least complete the course, I decided that I must endure and grind my way up, somehow. Thankfully, I still managed to cross the finish line.
Is there any other route here in Taiwan you would like to ride?There are several routes that I would like to ride in Taiwan. After completing the 9-day round-island adventure ride (910 km) with my son in December 2020, the summer Road to KOM in September 2021 (from Hualien to Wuling) and the Grand Taipei Tour in October 2021 (along the north coast), I have bravely signed up for another challenge with my cycling friends in attempting to ride 520 km within 24 hours from the northern-most lighthouse at Fuguijiao to the southern-most lighthouse at Eluanbi, along the west coast of Taiwan. This event, the 2021 Taiwan Twin Tower 520K Ultimate Challenge, will take place on November 6-7, 2021.
Gleich geht es den Berg hinauf - @Bildquelle Kin Wha Chay
Gleich geht es den Berg hinauf-
@Bildquelle Kin Wha Chay

Wenn du mehr zu der Strecke erfahren möchtest und dich vielleicht selbst einmal den Berg hoch quälen möchtest, dann gehe über diesen Weg zu der Seite des Veranstalters.

Welche Tour ist landschaftlich reizvoll in Taiwan?

Ich hatte bisher immer gedacht, diese Frage erübrigt – das kann ich selbst beantworten: die Straße von Taitung nach Yilan, immer an der wundervollen Pazifikküste entlang.
Ha, denkste! Sie ist zwar tatsächlich von der Aussicht reizvoll, aber das finden die Autofahrer auch alle.

Es gibt zwar eine eigene Fahrbahn für das Velo, aber die Rollerfahrer fahren hier auch gerne und gerade an den Wochenenden ist es ein Wagnis, sich die Straße gemeinsam zu teilen. Mal abgesehen, von den Abgasen!
Deshalb genieße die unglaubliche Aussicht auf die Pazifikküste Taiwans besser außerhalb der Ferien und den Wochenenden.

Abseits der Küstenstraßen gibt es beschauliche Wege; Yilan in Taiwan; @CHEN MIN CHUN- Shutterstock.com

Oder du umradelst den Sonne-Mond-See, mitten in Taiwan. 30km Radweg führen dich um den See, immer mit einem fantastischen Ausblick und der Möglichkeit, zwischendurch mit dem Ausflugsboot oder der Seilbahn, deinen Ausflug zu pimpen. CNN hat diese Tour unter die TOP 10 der weltweit schönsten Strecken ausgewählt.

Du siehst ein historisches Boot auf dem Sonne-Mond-See mitten in Taiwan
Boote auf dem Sonne-Mond-See in Taiwan

Den Routenplan dafür findest du auf der Seite des örtlichen Tourismusbüros.

Welches Rad ist geeignet für Taiwans Straßen?

Auch diese Frage habe ich weiter gegeben:

“Am besten geeignet sind Rennräder oder andere Räder mit dünnen, schnellen Reifen, weil es nur geteerte Straßen gibt. Mountainbikes braucht man hier nicht. Verpflegung kriegt man nur in den Dörfern (7-Eleven) – also genug Flüssigkeit mitnehmen.”
– Dr. Thomas Prinz

“Rennräder sind am meisten gesehen dort da die Straßen in sehr guten Zustand sind. Selbstverständlich auch mit Mountainbike oder anderen Rädern machbar”
– Stefan Liedl

“This depends very much on the individual. Given that most roads around Taiwan are very well-paved and in particular, the round- island cycling route, a standard road bike with proper equipment like working brakes, variable gears and a comfortable seat as well as safety accessories like front and rear lights, and a protective helmet are the basic essentials. For overseas travelers, these can be easily rented from the local bike shops.

While there are also other types of bikes e.g. foldable bikes and e-bikes, my personal opinion is that when the main objective is to ride around the island, then it would make sense to use a standard road bike instead of e-bikes to get the full manual riding experience. However, it is fully understandable that e-bikes provide the convenience when the cyclist is tired or when going up slopes, and the foldable bikes would enable one to easily pack and hop onto public transport if there is a need to do so during the round-island journey”
– Kin Wha Chay

Mehr Videos zur Einstimmung auf die wundervolle Landschaft in Taiwan findest du auch auf diesem YouTube Werbevideo des Taiwan Tourismusverbandes

Und einen Routenplan für die gesamt Insel hier.

Verfasst von

Chris

Ich lebe seit 2018 in Taipei und entdecke die Stadt und die ganze Insel jeden Tag aufs Neue und möchte mein Wissen und meine Erfahrung mit euch teilen.