
„今天是8月8日!“(jīn tiān shì bā yuè bā hao!) Oh je, mit diesem Gedanken ist bestimmt der eine oder andere Taiwaner an diesem Tag aufgewacht und hat sich als Erstes mit dem Datum beschäftigt. 2021 fällt der Tag zufällig mit dem taiwanischen Vatertag zusammen, aber das ist es nicht, was die Leute umtreibt.
Was ist es dann?
Laut westlichem (gregorianischem) Kalender ist der achte Monat im Jahr, wer aber der traditionellen chinesischen Zeitrechnung folgt und für den der Mondkalender bestimmend ist, der zählt erst den 7. Monat im Jahr und das ist ein ganz Besonderer. Es ist Geistermonat!
Woher kommt dieser Glaube?
Seinen Ursprung findet der Geistermonat sowohl im Daoismus als auch in der buddhistischen Lehre.
Im Daoismus kehrt der Erdgott am 15. seines Geburtstagsmonats (siebter Monat), zu den Menschen auf die Erde, um ihnen ihre Sünden zu vergeben.
Der buddhistischen Lehre folgend, hatte ein Anhänger von Buddha einen Traum, in dem seine verstorbene Mutter in der Unterwelt Hunger leiden musste und er ihr Opfergaben schicken wollte. Er bat Buddha um Unterstützung. Dieser gab ihm auf, am 15. Tag des siebten Monats nach seiner Anweisung zu beten und die anderen Gläubigen mit Lebensmitteln zu versorgen. Der Jünger folgte dem Rat und seine Mutter konnte die Gaben im Jenseits genießen.
Seitdem zelebrieren viele Länder in Asien diesen Monat mit speziellen Ritualen und Gebeten für ihre Verwandten im Diesseits und im Jenseits und feiern „Zhongyuan Jie“;
das Geisterfest.
Was passiert im Geistermonat?
Am ersten Tag des Geistermonats wird den Geistern „die Tür geöffnet“ und ihnen dadurch erlaubt, aus der Zwischenwelt in die Gegenwart einzukehren. Um es Ihnen während ihres Aufenthaltes angenehm zu machen und sie nicht zu verärgern, werden überall auf den Straßen vor den Privathäusern, Geschäften, Banken und Schulen Lebensmittel auf kleinen Tischen und Altaren zurecht gelegt. Ob frisches Obst, Erfrischungsgetränke, Instantnudeln oder Süßigkeiten, auf dem Gabentisch findest du alles, was den taiwanischen Gaumen so erfreut.

Und in eigens dafür aufgestellten Öfen wird das Totengeld (Papiergeld) verbrannt, damit sowohl die Ahnen als auch familienlose Geister finanziell versorgt sind.

Egal, ob man selbst tatsächlich an Geister glaubt oder nicht, wenn man in Taiwan lebt, kommst du an den Regeln und Gebräuche nicht vorbei.
Tabus im Geistermonat
Ein Tabu ist es, während dieses Monats zu heiraten.
Abstand nehmen sollte man besser auch von längeren Reisen in dieser Zeit (was in diesem Jahr den reiselustigen Taiwanern vielleicht gar nicht so schwer fällt). Krankenhausbesuche nach 15 Uhr am Nachmittag und größeren Operationen sind ebenfalls zu vermeiden und Mondscheinspaziergänge im Park ein Tabu.
Auch Umzüge und Immobilienkäufe verlegt man besser auf andere Monate.
Der Höhepunkt des Geistermonats wird durch das Hungry Ghost Festival,中元節 “ Zhōng yuán jié“ am 15. Tag des Geistermonats, markiert. Das ist quasi das Halloween in Taiwan. Im Jahr 2021 ist es am 22. August soweit. Die Geister sind nun schon 15 Tage unterwegs und besonders hungrig. Und damit wir als Fremde auch wirklich nichts falsch machen, erklärt uns die Hausverwaltung jedes Jahr die Benimmregeln.

Das alles gilt es nun noch bis zum 6. September zu beachten. Dann beginnt der 8. Monat im Jahr und die Zahl 8 ist mit Glück und Wohlstand in Taiwan verbunden. Und so lange fordern wir die Geister nicht heraus! Welche Erfahrung habt ihr mit dem Geistermonat?
Wird auch gefeiert?
Bei aller Vorsicht und Regeln wäre Taiwan nicht Taiwan, wenn es nicht auch irgendwo eine große Veranstaltung bei dem der Anlass gewürdigt und die Bevölkerung mit vielen Essenständen versorgt wird.
Das größte und auch ältestes Festival findet alljährlich in Keelung statt und beginnt am 14. Tag des Geistermonats. Die Geschichte rund um das Festival und den Ablauf findest du hier.
Wollt ihr wissen, was es noch so Besonderes gibt in Taiwan? Kennst du die Feste von Taiwan?
[…] Es spukt- Geistermonat in Taiwan! […]